Seit dem 01. September 2019 gibt es den Anfang eines Dorfladens in Leistadt, den es eigentlich schon viel länger gab. Früher gab es mehrere Geschäfte in Leistadt, Bäcker, Kolonialwaren, Metzger, zwei Banken, mehrere Gasthäuser.
Dieses Früher ist erst etwa dreißig Jahre her. Dann hat der allgemeine Siegeszug der Discounter auch vor Leistadt nicht Halt gemacht. Dann war irgendwann nur noch ein kleiner Bäckerladen als Verkaufsstelle übrig und tat sich schwer. Auch er war nicht mehr rentabel. Es gab verschiedene Versuche, das Geschäft weiter zu betreiben, die Inhaber wechselten. Zuletzt hat die Eigentümerin des Hauses, in dem der kleine Laden untergebracht war, selbst hinter der Theke gestanden, daneben sich um ihre Familie gekümmert und die erkrankte Mutter. Dann hing im Juni 2019 ein Zettel in der Tür: Am 31.August 2019 schließt der Laden. Das wäre das „Aus“ für das letzte kleine Geschäft in Leistadt gewesen. Der Ortsvorsteher rief die Bürger zu einer Rettungsaktion auf.
„Die Idee“: Mit einem „Dorfgemeinschaftsunternehmen“ soll der weitere Bestand eines Ladens für die Grundversorgung gesichert werden und das soll als Ausgangspunkt für einen Dorfladen genutzt werden, der den Ort mit einem erweiterten Grundsortiment künftig versorgen soll. Da eine betriebswirtschaftliche Rendite nicht zu erwarten war, sollte eine „soziale Rendite“ in den Vordergrund treten.
Ein gemeinwirtschaftliches Projekt wurde damit angestoßen. Bei einer ersten Versammlung im Rathaus wurde die Idee erläutert und es meldeten sich einige Bürger, die bereit waren, mitzumachen und eine Kapitaleinlage und ihren persönlichen Einsatz aufzubringen. Es wurde eine „Unternehmergesellschaft“ (UG haftungsbeschränkt), also eine sog. „kleine GmbH“ gegründet, an der sich weitere Bürger als „stille Gesellschafter“ beteiligen sollten und für das gesamte Unternehmen wurden die Grundsätze eines genossenschaftlichen Prinzips vereinbart: Jeder Gesellschafter hat gleiches Gewicht (one man, one vote). In kurzer Zeit waren über 50 Bürger aus Leistadt bereit, sich mit einer Kapitaleinlage von 300, 500, oder 1.000 Euro an dem Dorfgemeinschaftsunternehmen zu beteiligen und alle wussten, dass das eine Risikoanlage ist, aber eine für den guten Zweck der Grundversorgung des Ortes.
Es wurde ein kleines, ehrenamtliches Management-Team gebildet, das aus unternehmerisch erfahrenen Bürgern bestand und es wurde das Personal gesucht, das in wechselnden Schichten als sog. Geringverdiener den Laden mit täglichem Arbeitseinsatz seit 01. September 2019 betreibt.
Es schloss sich eine Erfahrung für alle an, mit der so keiner gerechnet hatte: Es ist ungemein anstrengend. Sowohl für das ehrenamtliche „Management“, als auch für die nur knapp über Mindestlohn vergüteten Mitarbeiter im Laden. Alle leisten seither mit großem Enthusiasmus viel. Viel mehr, als man von außen glaubt, wenn man nicht weiß, was alles bedacht und erledigt werden muss.
Die Mitarbeiter des Ladenteams stehen mit ihren wechselnden Tagesschichten morgens ab 5.00 Uhr im Laden. Dann gilt es, die pünktlich angelieferten Brote und Brötchen aus der Frankenthaler Stadtbäckerei in die Regale einzusortieren und gleichzeitig Backwaren aus Teiglingen selbst auszubacken, die also vor Ort frisch zubereitet werden, wie zum Beispiel Laugenstangen und Laugencroissants. Um 6:00 Uhr wird der Laden geöffnet und es strömt von Anfang an die Kundschaft. Pünktlich muss die Computerkasse für den Tag mit geprüftem Wechselgeldbestand eröffnet werden und vorbestellte Waren werden in Tüten abgepackt.
Gleich zu Anfang wurde der Laden „digitalisiert“. Eine Computerkasse ermöglicht umfangreiche Auswertungen, aus denen das Managementteam die Daten für die Steuerungsentscheidungen gewinnt. Was wird wann gekauft, wieviel Vorräte sind noch vorhanden, was muss wann bestellt werden; das sind Fragen und Antworten, die für den Betrieb unerlässlich sind. Jeden Tag lernen die Aktiven dazu und können so „Schritt für Schritt“ den Laden in Richtung Erfolg führen. Der Erfolg ist schwer.
Es konnte nicht von Anfang an „Kostendeckung“ erreicht werden. Das Ideal ist, dass man genau die Brote und Brötchen verkauft, die man für den Tag geplant und bestellt hat. Aber ein Kunde, der kurz vor Ladenschluss noch kommt, möchte die volle Auswahl haben. Was übrigbleibt, ist Verlust, denn der Rest muss bezahlt, kann aber nicht mehr verkauft werden. Ladenbetreiber und Kunden müssen hier gemeinsam etwas über Nachhaltigkeit lernen.
Für Leistadt ist der Laden schon jetzt ein Erfolg. Er wird gut von der Bevölkerung angenommen, die froh ist, sich vor Ort mit Brot, Brötchen, Kuchen und Artikeln des Grundbedarfs wie Eier, Milch, Butter, Wurst versorgen zu können. Außerdem gibt es ein vielseitiges Weinsortiment der Leistadter Winzer zu „ab-Hof-Preisen“ und haltbare Lebensmittel wie Reis und Hülsenfrüchte, Konserven, Mehl und vieles mehr. Momentan sind um die 400 Artikel in dem kleinen Geschäft gelistet und fast täglich werden es mehr.
Das Dorfgemeinschaftsunternehmen blickt mit Hoffnung in die Zukunft und freut sich auf die weitere Entwicklung des Dorfladens in Leistadt. Der ist längst wieder ein Stück des Dorflebens.