In Leistadt ist es – wie in vielen anderen Orten auch – der Brauch, das Dorffest mit der „Ausgrabung der Kerwe“ zu eröffnen und mit der „Beerdigung der Kerwe“ nach den fünf Festtagen zu beenden. In Leistadt wurde hierfür in einem neben der Leodegar-Kirche gelegenen Hof eine Gruft angelegt und ein Bürger aus Leistadt hat einen kunstvollen Sarkophag aus Sandstein angefertigt. Als Symbol der Kerwe wird bei der Beerdigung eine leere Weinflasche in dem Sarkophag feierlich zu Grabe getragen, in der Hoffnung, dass zur Eröffnung im neuen Jahr eine lebendig frische Weinflasche wieder zum Vorschein kommt.
Dieser Brauch ist nicht blasphemisch, wie man im ersten Moment glauben mag. Bei diesem Brauch handelt es sich vielmehr um eine jahrtausendealte Mythologie, die in vielen Kulturkreisen vorkommt und schon lange vor der Auferstehungsgeschichte im christlichen Glauben die Wiederkehr im jahreszeitlichen Wandel behandelt. Darin ist das Werden und Vergehen ebenso angesprochen wie die Hoffnung, dass auf eine Ernte wieder neues Leben mit neuer Ernte im nächsten Jahr folgt und die Natur und Schöpfung so das Leben erhält.
Schon in vorbiblischen Zeiten wurden daher in solchem mythischen Verständnis Auferstehungsfeste gefeiert und auch die christliche Auferstehungsgeschichte dürfte hierzu in Verbindung stehen. Stets geht es um die Hoffnung auf das Leben. Bei einem solchen Blickwinkel ist verständlich, wie der Brauch der „Kerwe-Ausgrabung“ entstand und sich über Jahrhunderte hielt. Das ursprünglich aus der jährlichen Feier der Kirchweihung (im Pfälzischen Kerwe) entstandene Dorffest schließt mit diesem Brauch einen Kreis, der mit Hoffnung zu tun hat und Anlass für Freude bietet, nämlich das Feiern in der Dorfgemeinschaft.
Deshalb sollte die Ausgrabung der Kerwe auch im Jahr 2020 in Leistadt nicht ausfallen, obwohl das große Dorffest, das den Höhepunkt im Dorfgemeinschaftsleben bildet, im Jahr 2020 wegen der Pandemiegefahren abgesagt werden musste. In diesem Jahr feiert Leistadt daher „annerschd“.